Geschichte

Theodor Gottlieb von Hippel der Ältere

Artikel über Theodor Gottlieb von Hippel der Ältere  für den Königsberger Bürgerbrief Nr. 88

Ende 2015 erhielt ich eine Anfrage von Herrn Gerfried Horst, dem Vorsitzenden der Gesellschaft Freunde Kants und Königsbergs e. V. Jedes Jahr zum Kant-Geburtstag, dem 22. April, lädt die Gesellschaft zur Reise nach Königsberg/Kaliningrad in Russland ein. In diesem Jahr 2016 sollte auf den bedeutsamen Königsberger Bürgermeister Theodor Gottlieb von Hippel der Ältere ( 31.1.1741 – 23.4.1796 ), also zu dessen 275sten Geburtstag und 220sten Todestag, mit einer Ausstellung im Kantmuseum aufmerksam gemacht werden.

Herr Horst wünschte einen direkten Nachfahren der Familie von Hippel für die Eröffnung der Ausstellung zu gewinnen. Ich sagte zu und unternahm mit meinem 11 jährigen Sohn Moritz Theodor von Hippel gemeinsam mit 40 weiteren Reiseteilnehmern diese interessante und eindrucksvolle Reise ins russische Rauschen/ Swetlogorsk, Königsberg/ Kaliningrad, Insterburg/ Tschernjachowsk, Judtschen/ Weselowka, Gumbinnen/ Gussew, Rominter Heide/ Krassnolessje. Seitdem wächst mein Interesse an diesem und anderen Vorfahren, an der Philisophie Kants und an der Stadt Königsberg immer weiter. Unser auf 1341 in Horka/Oberlausitz zurückgehender Familienstammbaum belegt viele bemerkenswerte Persönlichkeiten, wie  etwa die drei Bürgermeister von Rastenburg, deren Nachfahren noch bis zum Ende des 2.Weltkrieges in Ostpreußen (Kuglack) ansässig waren, oder der Verfasser des Aufruf an mein Volk 1813 Theodor Gottlieb von Hippel der Jüngere…aber Th.G.der Ältere scheint mir der Herausragendste und Fleißigste.

Er verbesserte nicht nur die Lebensbedingungen im ihm unterstellten Königsberg erheblich, sondern bemühte sich, zum engsten Freundeskreis Immanuel Kant zählend, auch auf geistigem Gebiet um Aufklärung und Gleichberechtigung.

So ist Th.G.v.H.d.Ä. auch auf dem Gemälde von Doerstling zu sehen, das Kants Tischgesellschaft zeigt, im Vordergrund einen gekippten Stuhl haltend.

Einen anderen Hinweis auf Th.G.v.H.d.Ä. besuchten wir in der Neuen Universität. Im dortigen Treppenhaus erinnert eine bronzene Gedenktafel an den damaligen Stadtpräsidenten. Moritz und ich wurden von den Mitreisenden gebeten, uns davor zwecks Ähnlichkeit aufzustellen.

Bei Treffen in der Deutsch-Russischen-Gesellschaft in Königsberg wurden wir häufig angesprochen, dass Th.G.v.H. d.Ä. in russischen Schulbüchern erwähnt wird und er  vielen Menschen hier deshalb ein Begriff ist.

Am 22.April, Kants Geburtstag, durften mein Sohn und ich die Ausstellung über unseren Vorfahren im Kantmuseum/ Dom eröffnen. Jedem der damaligen Kantfreunde, Jacobi, Motherby, Borowski etc. ist dort eine eigene Abteilung gewidmet. Die Museumsgestalter haben sich in sorgfältiger und hilfsbereiter Weise engagiert, verschiedene Exponate zusammenzutragen, ihnen Raum in Vitrinen und an Wänden zu geben und in russischer und deutscher Sprache zu beschreiben. Während es in der Stadtarchitektur für mich so wirkte, als sollte  das alte Königsberg komplett durch den neu-russischen Baustil abgelöst werden, fühlten wir uns hier freundlich angenommen und unsere Anliegen, an das alte Königsberg und dessen historische Persönlichkeiten zu erinnern, wurde mit guter Zusammenarbeit und Hilfsbereitschaft unterstützt, wofür ich hier  unseren Dank aussprechen möchte.

Eröffnung der Ausstellung über Theodor Gottlieb von Hippel der Ältere im Kantmuseum des Königsberger Doms, John und Marianne Motherby, Generalkonsul Dr. Michael Banzhaf, Moritz von Hippel, Andreas von Hippel, Direktorin Prof. Dr. I.Kusnezowa, Übersetzerin Swetlana Kolbanjowa, Gerfried Horst, im Hintergrund die Exponate.

In der Hippel-Dauerausstellung im Kant-Museum im Königsberger Dom hängt der folgende Text auf Deutsch und Russisch:

Theodor Gottlieb von Hippel der Ältere

* 31. Januar 1741 in Gerdauen (heute Zheleznodorozhny, Kaliningrader Oblast)

1750 – 1756 Schulzeit am „Collegium Fridericianum“  in Königsberg

1756 Beginn des Studiums der Theologie an der Albertina

1759 Hauslehrer im Hause des aus Holland stammenden Justizrats  Dr. Theodor Polykarp Woyt

Verbindung  mit der Freimaurerloge „Zu den Drey Kronen“

 Verbindung mit der „Königsberger gelehrten Gesellschaft“

1760/61 Mit Hendrik von Keyser (Neffe von T.P. Woyt) Reise nach St. Petersburg. Für Hippel war das sein „Eintritt in die große Welt“. Er blieb sein ganzes Leben lang ein Freund Russlands.

1762 Abbruch des Theologiestudiums, stattdessen Jurastudium

1764 Beginn seiner Tätigkeit als Advokat

1765 Hippel erhält eine Stelle am Stadtgericht

1768 Hippel wird in der Dreikronenloge zum „Meister vom Stuhl“ gewählt.

1771 Ernennung zum Assessor am Königlichen Hofgericht

1773 Ernennung zum Königlichen Kriminalrat, Wahl in den Stadtrat

1774 Erschien anonym die erste Ausgabe seiner Schrift Über die Ehe (die letzte, die Frauenemanzipation fordernde Fassung erschien 1793).

1778 Erschien in Berlin anonym sein satirisches Werk Lebensläufe nach aufsteigender Linie.

1780 König Friedrich der Große ernennt Hippel zum „dirigierenden Bürgermeister“ und Polizeidirektor von Königsberg. Er reformiert die Königsberger Verwaltung. Seine besten Freunde sind Johann Georg Scheffner und Johann Georg Hamann. Er ist Mitglied der Tischgesellschaft Immanuel Kants. Hippel richtet sich ein großes Stadthaus ein, hat auf den Hufen ein Landhaus und in Juditten ein Haus mit Garten. Er sammelt Kunst; Erbe wird später die Stadt Königsberg.

1786 König Friedrich Wilhelm II. verleiht ihm die Titel „Stadtpräsident“ und „Geheimer Kriegsrat“.

3. Januar 1790 Erhebung in den Reichsadelsstand, gemeinsam mit seinem Bruder Gotthard Friedrich Hippel, Pfarrer zu Arnau, und mehreren Vettern. Die preußische Adelsanerkennung folgte am 6. November 1790 in Berlin.

1792 Erscheint anonym sein Buch „Über die Bürgerliche Verbesserung derWeiber“ (Gedanken zur Emanzipation der Frauen).

1793 Hippel erhält den Auftrag, die preußische Verwaltung in Danzigeinzuführen. Dort erkrankt er an einem Augenleiden. Bei seiner Rückkehr nach Königsberg wird er von der Bevölkerung jubelnd begrüßt.

23. April 1796 Tod in Königsberg (heute Kaliningrad). Er wird wunschgemäß auf dem Armenfriedhof am Steindammer Tor beerdigt. Am Ausgang des 19. Jahrhunderts wurden seine Überreste zum alten Neuroßgärter Friedhof umgebettet, dann endgültig 1924  zum „Gelehrtenfriedhof“ (Nähe Sternwarte). Auf seinem Grabstein befand sich ein Halbrelief v. Hippels von Stanislaus Cauer.

Auch im russischen Fernsehen gab es eine kurze Berichterstattung über den Oberbürgermeister von Hippel, zu finden im Internet unter: Vesti-Bericht zum Geburtstag von Immanuel Kant 2016 – YouTube

Ein spektakulärers Ereignis war dann, dass man, vielleicht auch durch die Ausstellungswürdigung, auf den Oberbürgermeister von Hippel aufmerksam geworden, fast genau an dessen 220. Todestag, am 23. April 2016,  seinen Grabstein bei Bauarbeiten nahe des Königsberger Gelehrtenfriedhofs fand und dem Kaliningrader Kunsthistorischen Museum übergab. Leider fehlte das vom Stein abgebrochene Portrait Hippels, das Stanislaus Cauer als Halbrelief angefertigt hatte.

Überblick zur Verwandtschaftsfolge:

Th.G.v.H.d.Ä. Stadtpräsident Kgsbg. 1741 – 1796 adoptierte da kinderlos den Sohn seines Bruders Gotthardt Friedrich v.H. Theodor Gottlieb v.H. der Jüngere Freund E.T.A. Hoffmanns und Verfasser Aufruf an mein Volk 1775 -1844

Theodor v.H. Herr auf Dwietsna/ Schwirsen 1796 -1881

Theodor Karl Gottlieb v. H. Herr auf Krobia/ Kröben 1824 – 1889

Theodor Karl Julius v.H. Herr auf Peterhof bei Allenstein 1854 – 1902

Theodor Gottlieb v.H. Oberstleutnant, Gründer des Brandenburger Regiments, Dr.cam. Finanzberater 1890 – 1977

Alexander v. H. Architekt Kiel 1927 –

Andreas v.H. Dipl.Kunsttherapeut und Künstler Flensburg 1962 –

Moritz Theodor v.H. Flensburg 2004 –

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