Viele meinten, dass es jetzt, inmitten einer Pandemie, unrealistisch sei, so etwas zu organisieren. Doch für Gerfried Horst, den Vorsitzenden der internationalen Gesellschaft FREUNDE KANTS UND KÖNIGSBERGS, scheint nichts unmöglich.
Seit 2008 organisiert er jedes Jahr im April ein Kant-Treffen – Verehrer des Philosophen aus verschiedenen Ländern kommen ins ehemalige Königsberg, um gemeinsam mit Kaliningrader Bürgern Kants Geburtstag in seiner Heimatstadt zu feiern.
„Wir hoffen, mit unseren Reisen einen Beitrag zur Erhaltung der Königsberger Kultur und des kantischen Geistes im heutigen Kaliningrad zu leisten”, erklärt Gerfried Horst.
Das einzige Mal, dass das Geburtstagstreffen ausfiel, war im letzten Jahr. Aber es war eine höhere Gewalt, wie es sie in der modernen Welt noch nie gegeben hat: Im März 2020 wurden die Grenzen wegen des Coronavirus geschlossen. Die Ereignisse überschlugen sich so sehr, dass die Freunde Kants und Königsbergs einfach keine Zeit hatten, Alternativen zu organisieren. Deshalb mussten alle Veranstaltungen abgesagt werden.
Im April 2021 fand jedoch das traditionelle Kant-Treffen statt. Der 297. Geburtstag Kants wurde gefeiert, allerdings im Online-Modus. Kant-Freunde aus Russland und Großbritannien, China und Brasilien nahmen an der virtuellen Feier teil. Eine besondere Ehre war das Grußwort von Mikhail Shvydkoy, dem Sonderbeauftragten des Präsidenten der Russischen Föderation für internationale kulturelle Zusammenarbeit.
Von Jahr zu Jahr wird der Teilnehmerkreis der Kant-Treffen immer internationaler. In der Regel handelt es sich jedoch um reife, etablierte Menschen. Eines der Ziele der Freunde Kants und Königsbergs ist es, Kant jungen Leuten näher zu bringen, von denen viele vielleicht nicht einmal wissen, wer er ist. Von seinen Schriften ganz zu schweigen.
So entstand das Programm „Kant-Zukunftswerkstatt“. Im Sommer wurde im Internet eine Einladung zu der Reise „auf Kants Spuren” im November veröffentlicht. Die Pilotgruppe bestand aus sieben Russen (aus Kaliningrad, Moskau, Perm und Tomsk), zwei Deutschen und einem Spanier.
Der erste Teil ihrer „philosophischen Reise” war ein Besuch in St. Petersburg, das viele Verbindungen zu Kant hat – obwohl er nie in der Stadt an der Newa war. In der Russischen Nationalbibliothek zeigte man den Gästen einige äußerst wertvolle Raritäten: Originalbriefe Kants und Erstausgaben seiner Bücher. Ivan Chechot, Wissenschaftler am Institut für Kunstgeschichte, gab den angehenden Kant-Forschern eine unvergessliche Führung durch St. Petersburg. In der Alexander-Newski-Lawra legten sie Blumen am Grab des Mathematikers Leonhard Euler nieder. Erinnern wir uns daran, dass Kant ihm sein allererstes Werk schickte, das er zu einer Zeit schrieb, als er als junger Mann den Kindern eines Pfarrers in Judtschen (heute Wessjolowka bei Tschernjachowsk) Unterricht erteilte.
Als nächstes ein Flug nach Kaliningrad. Und jetzt, im zweiten Teil der Reise, befinden sich die Studierenden genau in diesem ehemaligen Judtschen. Und vor ihnen das Haus, in dem Kant in seiner freien Zeit sein erstes Buch schrieb und in dem 2018 ein Kant-Museum eröffnet wurde.
Die Gruppe besuchte auch Kurortnoje bei Pravdinsk, wo der Turm der Burg Groß Wohnsdorf erhalten geblieben ist. Der Turm „erinnert sich” auch an Kant, der ihn mehr als einmal besuchte. Und auch hier wird in naher Zukunft ein Kant-Museum eröffnet werden.
„Im Mittelpunkt unserer Reise steht natürlich, mehr über das Leben und Werk Kants zu erfahren, der für viele Menschen ein Leitbild der Region ist”, sagt Gerfried Horst. „Wir möchten uns aber auch mit der Geschichte und der aktuellen Identität des Kaliningrader Gebiets und der Region befassen.“
In drei Tagen hatten die Studierenden Gelegenheit, im Bernsteinland viel zu sehen. Und Kaliningrader Experten (z. B. der Doktor der Philosophie Vadim Chaly) halfen ihnen zu verstehen, was sie sahen.
Die Reiseeindrücke der Teilnehmer werden auf der Website der FREUNDE KANTS UND KÖNIGSBERGS veröffentlicht. Die jungen Leute sollen auch einen Beitrag zur Vorbereitung des 300. Geburtstags des Philosophen (im Jahr 2024) leisten, indem sie die auf der Reise entwickelten Ideen umsetzen.
Im nächsten Jahr soll wieder eine Reise „auf Kants Spuren” für junge Leute stattfinden. Die Vorbereitungen haben bereits begonnen.
Quelle: Komsomolskaja Prawda (https://www.kaliningrad.kp.ru/daily/28362.5/4511263/)